Plötzlich verlassen – Überleben in der Trennungskrise

TimeaAllgemein

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Eine plötzliche Trennung ist wie ein Flugzeugabsturz: Eben wähnte man sich noch in Sicherheit, die Welt war abschätzbar und unter Kontrolle. Und dann aus dem Nichts heraus – eine Explosion, ein Crash, ein Trümmerhaufen. Der Boden unter den Füßen weggerissen, das Sicherheitsgefühl in Luft aufgelöst, zurückgelassen mit einem riesigen Gefühl von Schmerz, Verunsicherung, Angst und Einsamkeit. Das Gefühl, dass alles nur ein böser Traum ist wechselt sich mit völliger Starre und Schock ab. So oder so ähnlich hören sich die Erfahrungsberichte unzähliger betroffenen Frauen an, die nach vielen Jahren der Beziehung unvorbereitet vor dem Aus ihrer Partnerschaft stehen.

Was jetzt wirklich hilft

Die ersten Tage und Wochen einer solchen Trennung sind nicht die richtige Zeit für Analysen oder für die Aufarbeitung der Beziehung. In dieser Zeit geht es vordergründig darum, handlungsfähig zu bleiben und schlicht und einfach zu überleben. Es ist eine Phase des Schocks. Um sie zu überstehen braucht es jetzt zweierlei: radikale Selbstfürsorge und das Besinnen auf Stärken und Ressourcen.

Radikale Selbstfürsorge

Es geht daher zunächst darum, sich um ganz grundlegende körperliche Bedürfnisse zu kümmern, wie essen, trinken, ruhen und Bewegung. Das klingt vielleicht im ersten Moment banal, da Sie jetzt aber massiv unter Stress stehen, stellt sich auch Ihr Körper auf Ausnahmezustand um ist in konstanter Alarmbereitschaft. Sie schütten Stresshormone aus, Ihr Blutdruck galoppiert davon, die Organe arbeiten im Stressmodus, allen voran das Herz. Damit Sie die kommenden Wochen gut überstehen, braucht es jetzt also eine bewusste Zuwendung zu körperlichen Bedürfnissen, auch wenn das vielleicht vordergründig nicht im Zentrum Ihrer Aufmerksamkeit steht.

Im Klartext heißt das: Essen Sie! Regelmäßig, ausgewogen und in ausreichender, vernünftiger Menge. Trinken Sie! Bewusst und über den Durst hinaus – und selbstverständlich keinen Alkohol als Betäubungshilfe! Schlafen Sie, gönnen Sie sich körperliche Ruhepausen! Am Rande der physischen Erschöpfung haben Sie keine Kraft zur Krisenbewältigung. Wenn Sie schwer zur Ruhe kommen, versuchen Sie Hausmittel wie ein warmes Bad vor dem Schlafengehen, beruhigende Kräutertees, sanfte Musik. Holen Sie sich notfalls Unterstützung von der Ärztin Ihres Vertrauens. Bewegen Sie sich! Möglichst lang und möglichst in der Natur. Es muss kein Dauerlauf sein, ein ausgedehnter Spaziergang ist ausreichend, um angestautes Adrenalin abzubauen, einen klaren Kopf zu bekommen und durchzuatmen. Und ja, auch das ist wichtig: Atmen Sie! Bewusst und in den Bauch. Noch besser in der Form einer Entspannungs- und Meditationsübung. Haben Sie das noch nie gemacht? Dann ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt, damit anzufangen.

Allem, was Sie jetzt in diesem Ausnahmezustand stabilisiert, sollte bewusst Raum und Aufmerksamkeit gegeben werden, damit Ihr Körper die Kraft hat, Sie stabil durch die Krise zu tragen.

Stärken und Ressourcen nutzen

Die oben beschriebene Selbstfürsorge hat bei einer plötzlichen Trennung einen lebensnotwendigen Effekt: Sie aktiviert Ihre Stärken und Ressourcen. Wir alle haben Ressourcen, mit deren Hilfe wir schwierige Lebensphasen und Krisen leichter bewältigen können. Als selbstwirksam handelnde Erwachsene sind wir in der Lage, diese Ressourcen bei Bedarf bewusst zu aktivieren und damit Herausforderungen zu meistern. Man nennt dies auch Resilienzfähigkeit. Bei plötzlichen biografischen Einbrüchen wie einer unerwarteten Trennung oder einem anderen plötzlichen Verlust kann es aber passieren, dass wir durch unsere Gefühle überwältigt werden und den Zugang zu unseren Ressourcen verlieren. Wir rutschen dann in eine Art Lähmung, wissen nicht Ein und nicht Aus und sind unfähig, den nächsten nötigen Schritt zu tun. Um aus diesem tiefen dunklen Loch wieder heraus zu kommen braucht es enorme Kraft und den Glauben an der eigenen Fähigkeit, die Krise zu überstehen. Wie aktivieren wir aber unsere Resilienzfähigkeit und den Zugang zu den eigenen Ressourcen?

Der Ressourcenbaum

Eine Möglichkeit ist die gezielte Bewusstmachung unserer vorhandenen Ressourcen und Stärken in der Form eines Ressourcen-Baumes. Nehmen Sie sich hierzu ein großes Stück Papier und skizzieren Sie einen Baum mit Ästen und auch Wurzeln darauf. Der Baum repräsentiert Ihre Kraftquellen, Ihre Stärken und macht Ihnen bewusst, was Sie schon alles im Leben erreicht und gemeistert haben.

Nun geht es ans Beschriften. Schauen Sie sich den Wurzelbereich an. Woraus bezieht Ihr Ressourcenbaum Energie? Schreiben Sie hier all Ihre pesönlichen Kraft- und Energiequellen auf. In etwa so:

Spaziergänge in der Natur, Sonnenschein, Ihre Lebenserfahrung, Tante Maria, der Name Ihrer besten Freundin, Ihrer Katze, Schokolade, Ihre Lieblingsmusik, der Duft von frischem Kaffee, ein Blumenstrauß, Kickboxen, Kinderlachen, barfuß auf der Wiese laufen, Yoga, ein bestimmtes Buch, ein Vorbild, ein Lieblingsfilm…usw.

Als nächstes nehmen Sie sich den Stamm vor. Dieser wird von den Wurzeln genährt und repräsentiert all Ihre persönlichen Stärken, die Ihnen auch bisher geholfen haben, Ihr Leben zu meistern. Welche Stärken haben Sie? Ist es Selbstbewusstsein, Empathie, Kreativität, Durchhaltevermögen, Humor, Optimismus…? Schreiben Sie alles zum Stamm, was Ihnen einfällt.

Beginnen Sie dann die Äste mit Blättern zu füllen, indem Sie auf jedes Blatt etwas schreiben, was Sie erreicht oder gemeistert haben und worauf Sie stolz sein können. Ist es die Führerscheinprüfung, die Bewältigung einer Lebenskrise, die Geburt Ihrer Kinder, das Erlernen einer neuen Sprache, die Übung in Gelassenheit…? Sie werden erstaunt sein, wie viel Ihnen einfallen wird, wenn Sie einmal so richtig in Fahrt kommen. Sie werden einen dicht belaubten Baum voller persönlicher Erfolge, Stärken und kraftspendender Ressourcen vor sich haben. Hängen Sie ihn bitte gut sichtbar an die Kühlschranktür oder an den Spiegel und sehen Sie ihn sich mehrmals täglich an. Nutzen Sie vor allem die Kraftquellen von Ihrer Liste bewusst, wenn Sie sich entmutig und traurig fühlen. Ergänzen Sie den Ressourcenbaum, wann immer Ihnen etwas Neues einfällt, sei es noch so eine Kleinigkeit.

Auf Lebensqualität achten

Alles was Ihnen darüber hinaus jetzt hilft, Sie stützt und stärkt ist willkommen. Dinge wie ein Tag in der Therme, ein Einkaufsbummel mit der Freundin, ein Kinobesuch, ein Stück Torte in Ihrer Lieblingskonditorei, eine Massage, ein Yoga-Kurs, ein neuer Lippenstift, die Gartenarbeit u.v.m. sind für sich alleine keine Zaubermittel gegen den überwältigenden Schmerz der Trennung. Aber alles was Sie jetzt bewusst für sich und Ihr momentanes Wohlbefinden tun, sind kleine wertvolle Puzzle-Teilchen die dazu beitragen, Ihr Selbstwertgefühl und Ihre Selbstwirksamkeit zu stärken. Sie bleiben dadurch handlungsfähig und rutschen nicht so leicht in die demoralisierende Opferrolle oder lösen sich in Gefühlen auf. Behalten Sie trotz der Krise daher Ihre Lebensqualität im Blick. Sie sind ein wertvoller Mensch dem es auch in turbulenten Zeiten gut gehen darf!

Weitere Anregungen für den Umgang mit der Trennungskrise finden Sie auch in meinem Beitrag Corona-Lockdown: Was tun in der Beziehungskrise? Gerne stehe ich Ihnen auch persönlich begleitend zur Seite, unterstütze Sie bei der Stärkung Ihrer Ressourcen und erarbeite mit Ihnen Ihre ganz persönliche Bewältigungsstrategie.

Konkrete Informationen darüber, wie ich Sie begleiten kann, finden Sie hier >> Trennungsberatung

Herzlichst Ihre

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